Warum wurdest Du Augenärztin?
Ich bin in Hamburg geboren und aufgewachsen. Kurz nach der Schule habe ich in einer Augenarztpraxis gejobbt. Bei spannenden Fällen durfte ich gelegentlich durch die Spaltlampe schauen. Dabei sah ich einmal einen Patienten nach einer Hornhauttransplantation. Die vielen kleinen Nähte im Auge – das hat mich damals schon begeistert!
Der Gedanke, Medizin zu studieren war schon früh da. Zur Augenheilkunde kam ich aber erst später. Erst mal habe ich in Holland Medizin studiert, denn in Deutschland hätte ich wegen des Numerus clausus sechs Jahre warten müssen. Eine Zeitlang spielte ich mit dem Gedanken, Internistin zu werden. Aber dann gewann doch die Augenheilkunde. Die Arbeit in diesem Bereich ist sehr praktisch und schnell, da man selten auf Laborergebnisse warten muss. Man schaut ins Auge und sieht, was los ist. Das ist toll. Und das Operieren liegt mir sehr. Deshalb machte ich meinen Facharzt für Augenheilkunde in Hamburg und bekam dort einen tollen, festen Job.
Wie kamst Du auf die CBM?
Ich hörte während meines Facharztstudiums von der CBM und nahm Kontakt auf. Zuerst ging ich für vier Wochen zum "Schnuppern" nach Ghana. 1998 reiste ich dann nach Uganda aus, wo ich für die CBM bis 2011 als Augenärztin arbeitete.
Was ist anders an der Arbeit in Afrika als in Deutschland?
Die Arbeit geht sehr flott dort, sehr dynamisch und effektiv, weil man ausgebildete Helfer hat, die Augenärzten viel Arbeit abnehmen. In Afrika gibt es z.B. "Ophthalmic Clinical Officers". Das ist Pflegepersonal mit einer Zusatzfortbildung im Bereich Augenheilkunde. Sie übernehmen Voruntersuchungen und viele kleinere Behandlungen, 80 Prozent dieser Arbeiten. So konnte unser Team locker 150 Patienten am Tag behandeln. Das ist eine tolle Zusammenarbeit, die es dem Arzt möglich macht, viel effizienter zu arbeiten.
In Deutschland muss der Augenarzt vieles allein machen, vom Aufrufen der Patienten über das Anamnesegespräch bis zur eigentlichen Untersuchung und Behandlung.
An der Augenklinik Ruharo in Uganda machte ich auch meine ersten Erfahrungen mit dem Aus- und Neubau von Kliniken, die ich selbst mitplante. Und wir initiierten die Ausbildung von Fachärzten und begründeten die Weiterbildung von Augen-Pflegepersonal. Vorher gab es dafür nur eine Ausbildung in Kenia mit wenigen Plätzen.
Was liebst du an deiner Arbeit als Augenärztin?
Die Augenheilkunde ist ein sehr positives Fach. Die Patienten können nach einer Behandlung fast immer besser sehen als vorher. Und so gut wie keine Augenerkrankung ist tödlich. Was mich immer wieder davon abhielt, zurück nach Deutschland zu gehen, war: In Afrika konnte ich so viel bewirken! Das hat mich immer wieder motiviert, weiterzumachen. Etwas Besonderes waren für mich immer Kinder-Patienten. Ihnen zu helfen bringt unheimlich viel Spaß!
Welche Augenerkrankungen hast Du gesehen?
Das Spektrum der Erkrankungen war dem in Deutschland sehr ähnlich. Allerdings sieht man vor allem in ländlichen Gebieten viel mehr Unfallverletzungen an Augen, insbesondere bei Kindern, die sich an Dornenhecken verletzen. Dazu kommt, dass vor allem arme Patienten meist erst sehr spät den Weg in die Klinik schaffen. Dadurch habe ich viele Erkrankungen in sehr späten Stadien gesehen, die man so in Deutschland als Augenarzt kaum je zu sehen bekommt.
2011 zogst Du nach Togo. Was hast Du dort gemacht?
Schon ab 2001 in Uganda war ich Fachberaterin für CBM. Dadurch habe ich erstmals tieferen Einblick in das öffentliche Gesundheitssystem bekommen. Das fand ich sehr spannend. Nach dem Wechsel nach Lomé in Togo habe ich anfangs noch viel operiert. Aber das wurde immer weniger, denn ich übernahm mehr und mehr Aufgaben als Fachberaterin. Zuletzt war ich dabei zuständig für die Länder Togo, Benin, Elfenbeinküste, Sierra Leone, Niger, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo und Kamerun. Mein Wissen weiterzugeben machte mir großen Spaß! Ich habe 40 Augenprogramme der CBM mitbegleitet, darunter auch etliche mithilfe des TV-Senders RTL und der Stiftung der Deutschen Lions neugebaute Kinderaugenkliniken. Darauf bin ich stolz.