Frauen in bunten Baumwollkleidern sitzen in einer Reihe. Sie halten Bibeln in der Hand und lesen darin. © CBM

Gedanken zur Jahreslosung 2025

Mutig das Gute entdecken – von CBM-Mitglied Dr. Benjamin Härte

Prüft alles und behaltet das Gute!

Jahreslosung 2025 aus 1. Thess. 5,21 (Bibel, Neues Testament, erster Brief an die Thessalonicher, Kapitel 5, Vers 21)

Prüft alles und behaltet das Gute, diese Aufforderung des Apostels Paulus klingt herein in unsichere Zeiten. Was ist denn heute gut? War nicht früher alles besser? Weil sich heute manches verändert, haben viele Menschen Sehnsucht nach Bleibendem, nach Sicherheit.

So begegnen mir auf Facebook seit etwa einem Jahr immer wieder Postings aus der "guten alten Zeit" – meistens die 80er, manchmal die DDR. Zeiten, in denen noch "alles in Ordnung" war oder zumindest einfacher.

Also: Alles Neue weg und zurück in die Vergangenheit?

Zukunftsfähig werden

Das ist nicht, was Paulus meint. Im Gegenteil: Die Jahreslosung kann uns in Gesellschaft, Kirche und auch der CBM zukunftsfähig und zukunftssicher machen! Sie macht uns Mut.

Wie das? Ich meine, zum einen bringen wir Menschen doch viel Gutes mit. Da sind zum Beispiel unsere Erfahrungen als Bürgerinnen und Bürger der alten Bundesrepublik, der DDR und gemeinsam in der neuen Bundesrepublik. Auch als Migrantinnen und Migranten bringen wir Traditionen aus unseren Heimatländern und -religionen mit. In den Kirchen überdies haben Protestanten, Katholiken, Freikirchler und andere Gruppen ganz eigene, prägende und Profil bildende Traditionen. All das gibt uns Identität, hilft uns, uns wiederzuerkennen und Gemeinschaft und Zusammenhalt möglich zu machen. Das ist etwas Gutes.

Kritisch bleiben

Aber nicht alles, was uns auf diese Weise zugewachsen ist, ist auch gut. Da müssen viele Dinge kritisch betrachtet werden, auch in den Kirchen. Jahrhundertelang prägte zum Beispiel Antijudaismus das Denken und Beten der christlichen Kirchen. Auch die allzu große Nähe der Landeskirchen zur Obrigkeit hat nicht nur Gutes gebracht. Und in der römischen Kirche diskutieren Menschen seit Jahrzehnten darüber, was "eigentlich" katholisch ist und was zum Ballast in einer veränderten Zeit geworden ist. Genauso muss auch die CBM ihren Weg und ihre Außenwirkung immer wieder überprüfen.

"Prüft alles und behaltet das Gute": Dieses Wort fordert uns auf, nicht bequem zu werden, nicht alles bedenkenlos zu akzeptieren, nur weil es "immer schon so war". Es fordert uns auf, Traditionen, Narrative und Urteile auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.

Die Liebe Gottes als Kriterium

Theologisch nennt man dies die "Unterscheidung der Geister". Welcher Geist steckt hinter dieser oder jener Auffassung? Für mich als Christ ist der Prüfstein die Liebe Gottes, die Christus uns gezeigt hat. Die Liebe ist das, was das Gute ausmacht, was zum Guten führt, zum Lebensfreundlichen, zum Erhaltenswerten. Kommt mir in dem, was mir begegnet, die Liebe Gottes entgegen? Das will ich wissen, deshalb schaue ich genau hin. Wenn ja, dann ist es etwas Gutes. Dann halte ich zuversichtlich daran fest und gehe fröhlich in die Zukunft, gerüstet für alles, was kommen mag.

Ich wünsche unseren Spenderinnen und Spendern ein gesegnetes Jahr 2025.

Zum Autor

Porträt eines Mannes mit Brille © Benjamin Härte
Pfarrer Dr. Benjamin Härte

Herr Dr. Härte, Sie sind Mitglied im e.V. der Christoffel-Blindenmission und dies ehrenamtlich. Warum engagieren Sie sich für die CBM?

Ich möchte mein Wissen und meine Erfahrung als Theologe, Politikwissenschaftler und Öffentlichkeitsarbeiter einbringen – ganz konkret und praktisch zum Wohl von Menschen auf der ganzen Welt, die wie ich durch eine Behinderung beeinträchtigt sind. Gleichzeitig lerne ich in diesem Engagement auch viel für meinen Glauben und meine berufliche Tätigkeit.

Von Beruf sind Sie Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland. Was haben Sie für Ihren Dienst von unserem Gründer, dem rheinischen Pastor Ernst Jakob Christoffel, gelernt?

Kirche und Diakonie gehen manchmal auf Distanz zueinander. Dass das nicht sein muss und auch nicht sein soll, hat Christoffel gezeigt. Gleichzeitig bewundere ich das Engagement und den Einsatz Christoffels für einen praktisch gelebten Glauben und Nächstenliebe. Bei den Aufgaben, die mir in Kirche so begegnen, führt mich das immer wieder auf das Fundament zurück.

Was machen Sie gern in Ihrer Freizeit?

Ich lerne seit einiger Zeit Gitarre und betätige mich sportlich im Bereich der Selbstverteidigung. Als Teil der Evangelischen Michaelsbruderschaft übe ich im Rheinisch-Westfälischen Konvent das Kantorenamt aus und singe gerne, wenn es auch "außerdienstlich" bisher wenige Gelegenheiten dazu gibt.
 

Wer wählt eigentlich die Jahreslosung?

Die "Jahreslosung" ist ein Bibelvers, der Christinnen und Christen im deutschsprachigen Raum ein stärkender Begleiter durch das Jahr sein kann. Ganz anders als der Name vermuten lässt, wählt ihr Herausgeber, die "Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen" (ÖAG), sie nicht per Los! 

Jedes der 23 ÖAG-Mitglieder (u.a. Katholisches Bibelwerk und CVJM-Gesamtverband) schlägt Verse aus dem für das Jahr gültigen Bibelleseplan vor. In einem Diskussions- und Wahlverfahren wird dann die Jahreslosung bestimmt: und das schon drei Jahre im Voraus! – "Erfunden" hat die Jahreslosung der schwäbische Pfarrer und Dichter Otto Riethmüller 1930. Er wollte den markigen NS-Schlagworten etwas entgegensetzen.