Bei fehlendem Original darf eine Kopie eröffnet werden
Die private Kopie eines Testaments ist gemäß § 348 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) zu eröffnen, wenn das Testament im Original nicht mehr vorhanden ist. Im Eröffnungsverfahren findet keine Prüfung der materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Kopie statt. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden (Aktenzeichen 3 Wx 119/22).
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2021 reichte eine Witwe eine Kopie eines von ihrem verstorbenen Ehemann im Jahr 1976 errichteten Testaments beim Amtsgericht Oberhausen ein. Das Schriftstück wies sie als Alleinerbin aus. Das Original-Testament war nicht auffindbar. Das Amtsgericht lehnte die Eröffnung der Testamentskopie ab mit der Begründung, dass mangels hinreichender Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe eine Kopie nicht zu eröffnen sei.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied zu Gunsten der Witwe. Die Testamentskopie sei zu eröffnen. Da die Erbfolge auch auf der Grundlage von nur noch in Kopien vorhandenen Testamenten festgestellt werden könne, sei konsequenterweise auch die Kopie zu eröffnen. Hieraus könnten sich Hinweise auf die Erbfolge ergeben.
Ob ein Schriftstück den materiell-rechtlichen Anforderungen an einer wirksamen Verfügung von Todes wegen genügt, sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts im Eröffnungsverfahren nicht zu prüfen. Es finde nur eine summarische Plausibilitätsprüfung dahingehend statt, ob sich das Schriftstück nach Form und Inhalt als Verfügung von Todes wegen darstellen kann. Aus diesem Grund sei auch eine Kopie des Testaments zu eröffnen.
Die Ansicht werde auch dadurch unterstützt, so das Oberlandesgericht, dass auch offensichtlich formunwirksame Testamente zu eröffnen sind, da sie möglicherweise als Auslegungshilfe zur Ermittlung des Erblasserwillens in Betracht kommen können. Diese Erwägung gelte auch für die Kopie eines Testaments.
Ob die Kopie dann tatsächlich zum Nachweis der Erbfolge genügt, ist nach Eröffnung durch das Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinverfahrens zu überprüfen.